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"Projekt Weinkarte" als Eigeninitiative der MitarbeiterInnen

 

Mike Hanisch, Diplom Sommelier, Schriftführer des Oberösterreichischen Sommeliervereins und Geschäftsführer der Stadtliebe Linz im Interview …

...wie sich die Stadtliebe zwischen Bier- und Weinliebe orientiert, über seine Arbeit für den OSOV und warum er die Weine der Sommelier Edition generell und die Edition Neuburger der Domäne Wachau im Besonderen gut findet.

(Text und Interview: André Cis)

 

 

"Projekt Weinkarte" als Eigeninitiative der MitarbeiterInnen

 

Die Weine der Sommelier Edition sind seit über zehn Jahren Teil der Identität der Sommelier Union Austria. Wir bitten Sommelières und Sommeliers vor den Vorhang und sprechen mit ihnen über ihr aktuelles berufliches Leben und das Spannende am Foodpairing mit Weinen der Sommelier Edition.

 

Sommelier Union Austria (SUA): 

Wer online nach der Linzer „Stadtliebe“ sucht, findet gewissermaßen eine „Bierliebe“. Ist bei all den Craft-Bieren überhaupt noch Platz für Wein?

Michael Hanisch (M.H.)

Wohl war, das Thema Craft-Bier in unserem Lokal in der Tat sehr präsent. Aktuell versuchen wir das Sortiment etwas zu lichten, denn insbesondere der Aspekt der Haltbarkeit ist auch in Zeiten des Normalbetriebs eine Herausforderung. Da ist der Wein doch etwas dankbarer. Der erste Eindruck sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir seit der Eröffnung 2016 eine respektable Weinkarte führen. 

SUA

Kannst du uns die Linzer Stadtliebe mit ein paar Eckdaten näher vorstellen?

M.H.

Unser zentral gelegener Betrieb hat gut 200 Sitzplätze und bietet vom Frühstück über Brunch, Mittag- und Abendessen sowie einer Bar eine Ganztages-Gastronomie an. Unsere Küchenlinie würde ich als urban beschreiben. Unsere Speisenkarte ist bunt wie ein Regenbogen und soll von Opa Karl mit seinem Schnitzerl, Mutter Clara mit ihrer „Lachs Bowl“ bis hin zu Enkerl Hansi mit seinem Lieblingsburger ein breites Publikum ansprechen. 

SUA

Weinbegleitungen sind in eurem à la carte Geschäft also weniger gefragt? 

M.H.

Natürlich haben wir eine schöne Auswahl an Weinen im glasweisen Ausschank. Nichts desto trotz liegt der Focus sicherlich auf dem Verkauf von Bouteillen. Unsere engagierten Service-Mitarbeiterinnen bemühen sich, den Gästen zu Tisch die optimale Flasche Wein zu empfehlen, welche in Kombination mit den bestellen Speisen Laune macht. 

SUA

Gibt es ein spezielles Erlebnis, dass dich zum Wein gebracht hat?

M.H.

Weniger ein spezifisches Erlebnis als eine prägende Phase. Auch ohne familiären Betrieb zog es mich als Jugendlicher an die Höhere Lehranstalt für Gastronomie in Retz. Stadtkinder wie ich fanden dort nicht nur neue Freunde aus dem benachbarten Tschechien, sondern lernten auch so einige Weingutssprösslinge kennen. Wenn du gefühlt zu jedem dritten Geburtstag auf einen Weinhof geladen wirst, kommst du um den Rebensaft gar nicht mehr herum. Im Zuge der Ausbildung machte ich gleich den Jung-Sommelier mit. Nach Abschluss der Schule stürzte ich mich dann unmittelbar auf den Diplom-Sommelier, das Wissen war immerhin noch frisch und die Motivation dementsprechend. 
Ungeachtet dessen führten mich meine ersten Karriereschritte erst mal in die Küche, denn Koch werden war das gesteckte Ziel. Einige Hotel-Stationen und viele Jahre später war ich dann wieder im F&B Bereich und arbeitete mich zum Restaurantleiter und nunmehr Geschäftsführer nach oben. 

SUA

Du hast erwähnt, dass für euch Weine mit einer gewissen Universalität wichtig sind. Würdest du so auch die Weine der Sommelier-Edition Österreich charakterisieren. 

M.H.

Schaum- und Süßwein vielleicht etwas weniger, aber was Rosé, St. Laurent und Neuburger angeht, ganz bestimmt. Nehmen wir beispielsweise den Letztgenannten von der Domäne Wachau. Für mich zeichnet sich dieser Wein durch seine außerordentliche Frische aus. Neuburger per se ist eher rar gesät und nicht so ohne Weiteres an den Gast zu bringen. Da hilft ohne Zweifel das Herkunftsmerkmal Wachau als vertrauensbildende Maßnahme. Bestellen sich unsere Gäste beispielsweise unseren Tapas Mix, so bringt der Neuburger Sommelier Edition Freude; egal ob zu Spicy Thai Shrimps, Edamame mit Zitrone und Kren, Lachs-Sashimi oder auch Mühlviertler Schaffrischkäse. Der Wein ist alles andere als kompliziert – und damit meine ich keinesfalls banal. Süffig, wie ihn die Österreicher in jungen Jahren mögen steht für mich auf der anderen Seite außer Frage, dass dieser Wein mit etwas Lagerung und Reife sein Potenzial noch vergrößern wird. 
Was wir uns im Übrigen nicht nehmen lassen: Das Verkaufsargument „Jugendförderung“ durch Trinken der Sommelier-Edition Weine; dieser Feel-Good Faktor zieht! 

SUA

Wie begegnet ihr der Corona-Situation? 

M.H.

Vergrößerte Tischabstände und ein striktes Hygiene-Konzept mit regelmäßigen Tests für Mitarbeiterinnen haben und werden den Regelbetrieb so sicher wie möglich für unsere Gäste machen. Im Lockdown bieten wir drei Tage die Woche Take-Away an. Wir nutzen die Zeit auch für Schulungen… und dann gibt es da noch von unseren Mitarbeitern initiierte Projekte…

SUA

Beispielsweise?

M.H.

„Projekt Weinkarte“ hat mich mit Abstand am meisten beeindruckt. Unsere Service-Mitarbeiterinnen haben unsere Weinkarte sukzessive, zu gleichen Teilen untereinander aufgeteilt und sich selber die Aufgabe gestellt, jeden Wein im Detail zu recherchieren. Beim nächsten Treffen zwecks Covid-Tests wurde dann untereinander referiert. Unglaublich aber war, unsere Mitarbeiterinnen haben zu hunderten Weinen je ein detailliertes Datenblatt angelegt. Dieses Engagement hat mich tief beeindruckt. Um das Momentum nicht verstreichen zu lassen, haben systematisch alle Weine durchgekostet und auch angefangen, unsere Produzenten peu à peu zu besuchen. Die Jungs und Mädels haben diese Besuche dann eigenständig in bewegten Bildern festgehalten; bald startet auf unserer Website entsprechend eine tolle Video-Rubrik.

SUA

Dein vorgelebtes Engagement scheint positiv abzufärben! 

M.H.

[Grinst] Es freut mich, wenn ich als Motivator und Vorbild wahrgenommen werde. Meine Wenigkeit kam beispielsweise ganz ungeplant in den Vorstand des Oberösterreichischen Sommeliervereins. Eine von mir organisierte Verkostung wurde gewissermaßen zum Rohrkrepierer und ich richtete meinen Unmut an die Kollegen vom Verein. Dort kaufte man mir postwendend die Schneid ab und setzte mich zum künftigen Mitwirken auf den Posten des Schriftführers. Diese Fügung bereue ich keine Sekunde, denn die Mitarbeit gibt mir sehr viel positive Energie zurück. Hoffentlich kann ich dazu beitragen, dass bald auch der eine oder andere lokale Händler die Weine der Sommelier-Edition in unserem Bundesland vertreibt. Bis dahin kaufen beziehen wir die Weine für die Stadtliebe weiter bei Morandell. 

SUA

Vielen Dank für das nette Gespräch.

 

MikeHanisch